Die Corona-Pandemie bringt übelste Gedankenwelten zutage – blanken Rassismus, braune Ökologie, Euthanasie, Autarkiephantasien, nebst aller Gattung von esoterischem Stuss. Die Kanäle, in denen sich das in die Öffentlichkeit ergiesst, sind die Kommentarfunktionen in den elektronischen Medien. Sie sollten entweder abgeschaltet oder ordentlich bewirtschaftet werden. Man lässt die Bauern auch nicht mit lecken Jauchefässern mitten durch die Wohnquartiere ziehen.

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Anderseits hat die Corona-Katastrophe auch positive Wirkungen. Eine davon ist die Erweiterung des Wortschatzes an Schimpfwörtern, wenn die Rede auf das Krisenmanagement im Weissen Haus kommt. Ein Freund hat in diesem Zusammenhang soeben den Begriff fuckwit verwendet. Das ist stark – ich habe ihn stante pede in das Vokabular aufgenommen. Denn es ist ja nicht so, dass das Englische  in dieser Abteilung reich gesegnet wäre. Es beschränkt sich auf die Zone um den menschlichen Schritt und das dort einschlägige Tun. Ein wit im Wortfick ist wie eine Flasche Wasser mitten in der Sahara.

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Das Deutsche ist da besser dran, und im Deutschen liegt die Berner Mundart vorn, eventuell noch zusammen mit dem Bayrischen. «Berndeutsch» ist mit einer Fülle an Schimpfworten besetzt, zu welcher der grosse Mani Matter die Tür bestenfalls einen Spaltbreit aufgestossen hat. Hinter seinem Löu, dem blöde Siech,  dem Glünggi und  dem Sürmu stehen lange Reihen fein differenzierter Beleidigungen, die der von Wut geplagten Seele den angemessenen Ausdruck verleihen: Tropf, Teigaff,  Moudi, Möff,  Mürggu, Saubaderi, Gigu, Labi, Laueri, Pööggi, Braschaueri, Pralaaggi, Plitzg, Chue (nur für Frauen – für Männer im anerkennenden Sinn verwandt). Auch Taaschi, Toudu, Toggu (alle drei weibl.), Tubu, Badihuyer, Düudäpp, Pfuffi, Dotsch, Schoofsecku – um nur zu nennen, was einem gerade so einfällt. Der –cheib kann in den meisten Fällen, der –hung oft als verstärkendes Suffix angehängt werden. Das leider ubiquitär gewordene huere geht als Präfix immer.

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Und sind wir noch gar nicht beim Fluchen angekommen. Diese edle Kunst des mündlichen Ausdrucks ist leider aus dem sprachlichen Alltag verschwunden, gelegentlich ungenügend ersetzt durch den dünnen Aufguss des “Rap” oder  hochprozentige Destillate der “slam poetry”. Zu einem guten Fluch sind minimale Kenntnisse der christlichen Glaubenswelt (“Himmel”, “Herrgott”/“Gott”, “Verdammnis”, “Heiland”), der altgermanischen Vorstellungen (“Thor/Donner”) und vor allem ein gut entwickelter Sinn für das hexametrische Versmass notwendig. Er beginnt in den meisten Fällen mit Gottes Reich – Himu – und setzt sich dann hexametrisch ad libitum fort: Himuheilandtonnerwätter. Das ist ein Anfang. Von dort lässt sich das Riff weiterspinnen: Himuheilandliebgottstärnetonnerwätter. Oder eben Himuhuereheilandliebgottstärnestierlandstonnerwätter. Und dann Gopfertamihimuhuereheilandliebgottstärnestierlandstonnerwättergopfertelisiech. Etcetera. Wie bei der Zwölftonmusik kommt es darauf an, kein Element zu wiederholen, bis alle Elemente im Repertoire ausgeschöpft sind. Auch die ganz Frommen im Emmental, die Stündeler (Besucher der Bibelstunde beim lokalen Christenguru) konnten sich dem Zauber der Fluchlyrik nicht entziehen. Sie tun es ebenfalls, indem sie  Tabubegriffe durch Kunstworte ersetzen : Heimattober anstatt Heilandtonner. Was das vor dem Jüngsten Gericht abtragen wird, ist unsicher.

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Im Altissimoregister, wenn die einfache Beleidigung nicht ausreicht, ist der Fluch als verstärkendes Adjektiv einsetzbar. Dann wird das Intendierte klar. Wenn man einen Zeitgenossen als Heilandstonnerschoofsecku bezeichnet , ist das eindeutig negativ zu verstehen. Die Nuance ist wichtig, weil der Terminus in der Stadt Basel auch als Anerkennung gebraucht wird. Ganz früher, als die Basler Zeitung sich noch einen Cartoonisten leistete, hatten wir immer um 1500 Uhr Enthüllungsritual. Zeichner Hans Geisen erschien in der Redaktion, zog sein Kuvert hervor und liess es öffnen. War der Wurf besonders gelungen, stiess einer der beiden Echtbasler in der Mannschaft ein hohes Kompliment aus: Bisch e Schoofseggel.

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Um Unklarheiten auszuweichen, bietet sich der gigu an. Unmissverständlich ist auch das einfältigere Arschloch, das allerdings in den meisten Jurisdiktionen justiziabel ist.

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Oder fuckwit.