Nashville ist Country Music. Die Besten sitzen hier in den Studios, die Grossen auf den Bühnen, die den Betrieb eben wieder aufnehmen. Am Samstagnachmittag ist in den Bars am Broadway live Musik zu hören, vor den Eingängen stehen sie dicht an dicht. Maske trägt hier kaum jemand mehr.
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Für mich , trotz Doppelimpfung zuviel Mensch am Stück. Dichtestress.
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Eine andere Sache ist das National Museum of African-American Music vis -à-vis der Bridgestone Arena, wo Josi Hockey spielt. Die Neuheit auf dem Strip, erst im Januar dieses Jahres eröffnet. Nicht auszulassen, das National Museum of African-American Music. Im Sous-Sol des ehemaligen Konferenzzentrums zeigt es eine pralle Fülle an Photos, Tonschnipseln, Schallplattenhüllen, Plakaten, Programmen, Kostümen, Instrumenten und anderen Hinterlassenschaften von Musikerinnen und Musikern des schwarzen Amerika. Alles und jedes ist vermerkt, eine Stalinorgel an Information prasselt auf den Besucher ein. Fünfzig Weisen, Musik zu machen werden auf die afrikanische Wurzel zurückgeführt, von den work songs der Plantagesklaven bis zu Rap und Hip Hop. In kleinen Studios kann der Besucher einen Song aufnehmen, einen Tanz filmen, eine Hip-Hop-Spur legen, die Erzeugnisse sind dank dem Chip, der ihm beim Eintritt ans Handgelenk gebunden wird, wenig später auf seinem E-Mail. Das Publikum, zur grossen Mehrheit dunkelhäutig, macht gut gelaunt mit.
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Feuilletonisten könnten mangelnde kuratorische Strenge bemäkeln, doch was zählt, ist was “herüberkommt”. Und herüber kommt laut und klar der unglaubliche Reichtum dieser Musiken. Die Kreativität, die immer wieder Neuem Bahn gebrochen hat. Die Linse, die das betrachtet, ist schwarz. Das weisse Amerika ist eine Randerscheinung. Rock ‘n Roll zum Beispiel wird als schwarze Entwicklung präsentiert. Elvis steckt in einer Vitrine, irgendwo daneben steht der Spruch seines ersten Plattenproduzenten Sam Phillips: If I could find a white man who had the Negro sound and the Negro feel…. Die “British Invasion” ist in einer Ecke auf drei Photos abgehandelt, die Stones haben nicht einmal die grösste.
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Nächster Stop The Hermitage. Das Anwesen von Andrew Jackson, dem siebenten Präsidenten der USA, gewählt anno 1828. Baumwollplantatenbesitzer, Halter von 140 Sklaven , General in den Feldzügen gegen die Indianer, Sieger in der Schlacht von New Orleans gegen die Briten. Jackson war ein Widersacher der Eliten im Osten (“Aristokraten”), die er im Namen des “gemeinen Mannes” anging, und der Vater der Demokratischen Partei. Heute würde er als “Populist” bezeichnet. Am Präsidentenschrein ist die Linse weiss. Das moderne, verständige Weiss, das den Rassismus der Vergangenheit nicht mehr unter den Teppich wischt, sondern ausbreitet. Im Herrenhaus gibt die Tourleiterin sich Mühe, die Sklaverei – ökonomische Grundlage des Betriebs – ins rechte Licht zu rücken. Die Ausstellung im Eingangspavillon räumt Jacksons Rolle beim Genozid an der indianischen Urbevölkerung beträchtlichen Raum ein. Als Präsident hatte er den Indian Removal Act unterschrieben – das Gesetz zur Zwangsumsiedlung der widerspenstigen Rothäute in Reservate weiter westlich. Am bekanntesten ist die Vertreibung der Cherokees aus Georgia (trail of tears), auf dem tausende an Krankheit und Erschöpfung starben. Heute nennt man derlei “ethnische Säuberung”.
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Jackson war der Donald Trump des 19. Jahrhunderts. Die Parallele – von Trumps Lenkern forciert und von seinen Gegnern verwedelt – ist in der Präsentation auf The Hermitage mit Handschuhen zu greifen. Wie Trump war Andrew Jackson eitel, jähzornig auf Image und Eindruck bedacht (die Türen im Herrenhaus sind aus Pappelholz, aber so gestrichen, dass sie wie Mahagoni aussehen), rücksichtlos in der Verfolgung ökonomischer und Politischer Interessen. Wie Trump setzte er sich über die sexuellen Konventionen der Zeit hinweg: Er heiratete eine Dame, die bereits verheiratet war. Sicher finden sich Unterschiede im kleiner Gedruckten der Biographien. Anders als Donald der Treulose blieb Jackson seiner Rachel über ihren Tod hinaus ergeben (zumindest behauptet die tour guide, der General habe never a girlfriend gehabt) . Und im Gegensatz zum Kriegsgeneral Jackson (Soldatenspitzname “Old Hickory”) beschränkt sich Trumps Erfahrung in Uniform auf eine Kadettenschule für Buben. Beim Vietnamkrieg war er verhindert: Ein Überbein am Fuss.
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Details. Die grosse Gemeinsamkeit zwischen einem Jackson und einem Trump ist der Rochus auf die Elite, die Mobilisierung des kleinen Mannes gegen die Kungeleien der Hauptstadt. Klassenkampf, aber ohne ökonomische Dimension. In den USA hat das lange Wurzeln. Eine davon wird auf The Hermitage blossgelegt. Ein Ableger führt zu Donald Trump.
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Nach seiner zweiten Amtszeit kehrte Andrew Jackson auf The Hermitage zurück, aber er blieb in seinem politischen Lager auf Jahre hinaus der starke Mann. Ein Strippenzieher.