Wenn schon, denn schon. Tupelo liegt nur hundert Meilen südöstlich von Memphis. Und in Tupelo/Mississippo wurde Elvis Presley geboren. Billiger kommst Du nicht mehr dorthin.

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Flaches Land. Gelegentlich ein brackiger FLuss, gelegentlich etwas Wald, gelegentlich ein verschlafener Ort. Nichts Pittoreskes  oder “only in America”-Versponnenes, Keine endlose Weite, keine Felder bis zum Horizont. Nichts entspricht dem amerikanischen Klischee ausser jenem, wonach der Bundesstaat Mississippi der ärmste, zurückgebliebenste, hinterwäldlerischste von allen Bundesstaaten sei – aber auch das erhärtet die Fahrt nur zum Teil. Es gibt ärmere, verwahrlostere, vergessenere Orte anderswo, wir erinnern uns an Cairo/Illinois. Im Mississippi, das ich sehe, ist offenbar vor allem der Durchschnitt tief. Auffällige Beobachtung: In den kleinen Orten fehlt, was die small town ausmacht: der altmodische coffee shop, das Restaurant, das ältere Hotel am Ort, der Gemischtwarenladen. Geschlossen oder zugebrettert oder möglicherweise nie dort gewesen. Das mag an der Covid-Pandemie liegen, aber nicht allein. Die Versorgung findet an den Ortsrändern statt, wo die Fast-Food-Schuppen, die Tankstellen und die Hotelketten aufgepflanzt sind, seltener auch die Lebensmittelgeschäfte.

 

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Tupelo ist grösser als erwartet. Kaum ein Gebäude höher als ein Stockwerk. Eine Zone an der Main Street ist als historic markiert, dort sind die Fassaden  aufgemauert, es gibt einige Ladenzeilen, ein, zwei Restaurants. Das meiste geschlossen. Ein grösserer Komplex kündigt das Elvis-Presley-Festival an, Ausgabe 2021, Beginn Donnerstag, 10 Juni. 2020 fiel der Anlass der Pandemie zum Opfer. Mississippi gehörte zu den Bundesstaaten mit den lockersten Anti-Pandemie-Massnahmen und war im März zusammen mit Texas der erste, der die Maskenpflicht aufhob.

 

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Der Geburtsort des Heiligen liegt in einem Wäldchen ausserhalb des Zentrums. Damals war die Adresse 306 Old Saltillo Road, heute 406 Elvis Presley Drive. Ein kleiner Park inmitten von einfachen Holzhäuschen mit ausgedienten Fauteils auf der Vorlaube. Hinter dem stattlichen Parkplatz jenes von Vernon und Gladys Presley, auch weiss getüncht, aber die Vorlaube hier makellos, mit Schaukel. Dahinter ein Hügel, bestückt mit dem unvermeidlichen Museum und anschliessender Kapelle. Darunter ein schattiges Rondell – die Reflexionszone für Andacht und Meditation. Auf der Anhöhe die Holzkirche, welche Familie Presley seinerzeit besucht hatte (Assembly of God), ebenfalls in weiss und hierher verpflanzt. Im Rasen daneben ein outhouse. Das Holzplumpsklo, wie es die Leute an der East Saltillo Road damals benutzten. Das Innere ist mit einer Glasscheibe abgeschirmt, neben dem Loch liegt der aufgeschlagene Sears-Katalog,  fürs Abwischen. Die Schautafel betont, dass es sich hier nicht um den Original-Lokus der Presleys handle, sondern um ein ähnliches Stück aus der Zeit. Wohl mit Grund. Fehlte der Hinweis, bliebe von der Installation wohl nicht mehr viel übrig. Zu stark wäre die Versuchung für die Besuchergemeinde, aus dem Original-Elvis-Klo eine Spreisse als Reliquie mitgehen zu lassen.

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Elvis, so sagen sie, habe fest an den Allmächtigen geglaubt und sei dem Kirchenwesen keineswegs fern gestanden. Das Arrangement hier hat etwas Heidnisches. Eine Tempelanlage. Oder etwas Katholisches: mittelalterliche Heiligenverehrung mitten im Amerika des 21. Jahrhunderts.

 

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Ich schenke mir die Kapelle. Das Museum sowieso.

 

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Die Trouvaille in Tupelo ist der Natchez Trace. 180 Meilen parkway, eine zweispurige Strasse für Tourenfahrer, ohne Lastwagen und anderen kommerziellen Verkehr.. Busch und Bäume, von denen langes Spanish Moss herunterhängt, säumen das Trassee. Am Rande erzählen Schautafeln die Geschichte der Gegend und ihrer Bewohner: Die Choctaw-Indianer, die Spanier, die Franzosen, die Amerikaner.  Der Verkehr ist spärlich, nicht selten sind Fahrradtourenfahrer unterwegs.